Kredit und Krise

„Die Schere zwischen Arm und Reich ist nicht nur ungerecht – auf Dauer schadet sie allen“. Dies ist die wenig überraschende Erkenntnis einer Studie der Ökonomen Kumhof und Rancière, die im GEO Heft 04/2011 wiedergegeben wird.
Bei den „bisher größten Finanzkrisen der Welt von 1929 und 2008 … kam es offenbar zum Zusammenbruch, nachdem sich die Schere zwischen Arm und Reich stetig weiter geöffnet hatte, bis die „oberen fünf Prozent“ schließlich genau 34 Prozent des Gesamtvermögens besaßen. Im selben Betrachtungszeitraum hatte sich zudem der Anteil privater Kredite am Bruttoinlandsprodukt jeweils verdoppelt. Der Zusammenhang ist einfach: Um weiterhin ausreichend konsumieren zu können, mussten die weniger Begüterten Kredite aufnehmen, die sie am Ende nicht zurückzahlen konnten. Gleichzeitig wurde das Vermögen der Begüterten so groß, dass sie erhebliche Summen in das sich vermeintlich lohnende Kreditgeschäft investierten: Als die Kredite platzten, brach das System zusammen.“
Das eigentlich Interessante an diesem Beitrag ist nicht der Zusammenhang zwischen „Kredit und Krise“ wie er hier dargelegt wird. Allen, die bei der Zinsrechnung in der Schule mitgemacht haben und allen, denen die Gedanken der Fairconomy schon mal begegnet sind, ist klar, dass Zinssätze, die nahezu immer über der Wachstumsrate liegen, Ursache für den Anstieg von Schulden und Guthaben sind. Interessant wird die Veröffentlichung durch das Erscheinen in GEO. Im Februar 2010 kam GEO mit einer Titelgeschichte über Querdenker auf den Markt. In dem Artikel damals sollte auch am Beispiel der Freiwirtschaft gezeigt werden, wie schwer es eine Außenseitermeinung hat, sich gegen etabliertes Denken zu behaupten. Die Geo Redaktion strich dem Autor die freiwirtschaftlichen Passagen jedoch aus dem Manuskript. Kritik am Zinssystem war bei den Alt-Linken nicht durchzusetzen.
Zufrieden stellend ist die zitierte Studie dennoch nicht. Als Lösung des Dilemmas schlagen die Autoren vor, Arbeitern und Angestellten höhere Löhne zu zahlen. Dass die Einnahmen aus Geldvermögen bei einem Realzins von 3 % schneller steigen als das Inlandsprodukt und die Kaufkraft der Beschäftigten, wird ignoriert. Es scheint die Autoren auch nicht zu irritieren, dass sowohl die Anzahl der Superreichen, als auch die Vermögen der Reichen insgesamt – von der Krise ungebremst – zugenommen haben. Quelle online unter: www.geo.de